Dienstag, 5. März 2024

Motion der GLP-Fraktion betreffend Standesinitiative zur Stärkung des Wahlrechts bei den Nationalratswahlen

Der Regierungsrat wird beauftragt, gemäss Art. 160 Abs. 1 der Bundesverfassung folgende Zuger Standesinitiative einzureichen:

Der Bundesrat wird beauftragt, die Gesetzgebung über die Nationalratswahlen dahingehend zu ändern, dass das Wahlrecht des Souveräns gestärkt wird. Es ist ein Wahlsystem einzuführen, das

  • jede Stimme unabhängig vom Wohnort gleich gewichtet (Erfolgswertgleichheit),
  • die Transparenz für den Souverän erhöht, indem es keine parteiübergreifenden Listenverbindungen mehr vorsieht, und im Gegenzug
  • die Parteienstärken auf nationaler Ebene proportional in Nationalratssitzen unter Beibehaltung der Kantone als Wahlkreise abbildet (Doppelproporz), allenfalls unter Hinzufügen einer Majorzbedingung, sodass in jedem Wahlkreis die stimmenstärkste Liste mindestens einen Sitz bekommt.

 

Begründung

Aktuell ist es für Wählende nicht ohne Weiteres ersichtlich, welcher Partei die abgegebene Stimme zugutekommt und ob die Stimme überhaupt einen konkreten Einfluss auf die Zusammensetzung des Parlamentes haben wird. Durch die Einführung des Doppelproporzes sowie die zeitgleiche Abschaffung der parteiübergreifenden Listenverbindungen wird das aktive und passive Wahlrecht gestärkt und die Wahl transparenter und fairer.

 

Doppelproporz bildet den Wählerwillen besser ab

Im heutigen Wahlsystem beeinflusst die Grösse des Kantons bzw. die Anzahl der zu vergebenden Nationalratssitze massgeblich, welche Parteien die Bevölkerung effektiv in den Nationalrat wählen kann. Während im Kanton Zürich auch Kleinstparteien den Einzug ins Parlament schaffen können, haben in Kantonen mit nur wenigen oder nur einem Nationalratssitz nur die wenigsten Parteien reelle Wahlchancen. Wer dort eine kleinere Partei wählt, muss in Kauf nehmen, dass seine Stimme voraussichtlich keinen Einfluss auf die tatsächliche Zusammensetzung des Nationalrates haben wird, so auch im Kanton Zug. Diese Stimmen werden als nicht vertretenes Elektorat bezeichnet. Diese «verlorenen» Stimmen gilt es zu minimieren.

Generell gilt: Je kleiner der Wahlkreis, desto grösser das nicht vertretene Elektorat. In seinem Urteil zum einfachen Proporz im Kanton Wallis hält das Bundesgericht fest, dass das natürliche Quorum 10% nicht übersteigen darf. Anders ausgedrückt: Das Bundesgericht hält Wahlkreise mit weniger als 10 Listenplätzen für verfassungswidrig. Überträgt man das Urteil des Bundesgerichts auf die Nationalratswahlen, so ergibt sich folgendes Bild:

  • 19 der 26 Kantone haben weniger als 10 Sitze.
  • 72 der 200 Sitze werden in problematisch kleinen Wahlkreisen vergeben.

Dies führt bei den Nationalratswahlen zu Ausweichbewegungen, sodass Wählende nicht ihre Wunschpartei wählen, sondern eine andere Partei, der sie grössere Wahlchancen einräumen.

Der auf kantonaler Ebene erprobte Doppelproporz (Neben Zug auch Aargau, Graubünden, Nidwalden, Schaffhausen, Schwyz, Uri, Wallis und Zürich) behebt diese Schwächen elegant und sorgt für gleiche Wahlmöglichkeiten aller Bürgerinnen und Bürger unabhängig von ihrem Wahlkreis. Die Erfahrung zeigt zudem, dass in den kleinen Wahlkreisen der Wählerwille weiterhin berücksichtigt wird und die wählerstärksten Parteien vertreten bleiben. So hat jede Stimme auf nationaler Ebene das gleiche Gewicht, ohne dass die Ergebnisse vor Ort zu stark verzerrt werden (sog. gegenläufige Sitzverteilungen). Dies könnte durch eine Majorzbedingung formell im Gesetz verankert werden. Die Majorzbedingung soll mögliche gegenläufige Sitzverteilungen verhindern. Sie garantiert, dass in jedem Wahlkreis die stimmenstärkste Liste mindestens einen Sitz bekommt, unter der Voraussetzung, dass diese Liste in der Oberzuteilung entsprechend genügend Sitze erreicht hat.

 

Parteiübergreifenden Listenverbindungen werden überflüssig

Im aktuellen Wahlsystem sind kleinere Parteien gezwungen, Listenverbindungen einzugehen, um die Nachteile des bestehenden Systems zumindest teilweise auszugleichen. Mit der Einführung des Doppelproporzes würden parteiübergreifende Listenverbindungen überflüssig. Das Wahlsystem wird dadurch einfacher und für den Souverän transparenter.

 

Fazit

Ein vielfältiges Angebot an Parteien mit realen Wahlchancen erlaubt es dem Stimmvolk, seinen politischen Überzeugungen besser Ausdruck zu verleihen. Das skizzierte Wahlsystem ist auf kantonaler Ebene bestens erprobt und ermöglicht den Zugang zu dieser Vielfalt für alle Stimmbürgerinnen und Stimmbürger unabhängig von der Grösse ihres Wohnkantons und verbessert die Transparenz für den Souverän erheblich.